Leben

Wenn das Kreuzband nicht mehr halten will

Kreubandriss und Leistungssport? Dank sportmedizinischer Versorgung im Allgäu durchaus möglich

Das Zusammenspiel zwischen Spitzensportler David Sambale und Dr. med. Jan Schneider ist für die Rehabilitation enorm wichtig. Foto: Ralf Lienert

Das Zusammenspiel zwischen Spitzensportler David Sambale und Dr. med. Jan Schneider ist für die Rehabilitation enorm wichtig. Foto: Ralf Lienert

Es ist das Knacksen im Knie, das Athleten in Angstschweiß ausbrechen lässt. Früher bedeutete ein Kreuzbandriss häufig das Ende der Sportkarriere. Doch heute ist es das nicht mehr. Der Allgäuer Skibergsteiger David Sambale hörte 2018 selbst das gefürchtete Geräusch in seinem Knie. Doch mit der richtigen Behandlung, Motivation und Nachsorge holte er sich sogar den Vizeweltmeistertitel.Diagnose Kreuzbandriss, ein Alptraum für jeden Sportler und die häufigste Knieverletzung überhaupt. „Das Knie, insbesondere das vordere Kreuzband, ist gerade beim Skisport und Fußballern anfällig“, sagt Dr. med. Jan Schneider. Vor allem bei Skiunfällen ist das Knie – wegen der Hebelwirkung der Bretter – starken Rotationsbewegungen ausgesetzt. Eine typische Szene auf der Piste: Der Skifahrer verdreht sich sein Knie bei einem schnellen Richtungswechsel und liegt mit gerissenen Kreuzbändern im Schnee. Denn bei einem Sturz ist der Körper noch im Schwung und will mit Geschwindigkeit nach vorne, gleichzeitig wird eine Drehung im Knie eingeleitet. Oben dreht‘s, unten bremst‘s– und das halten die Bänder meist nicht aus.

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David Sambale. Fotos: Ralf Lienert
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Dr. med. Jan Schneider.

Ähnlich ist es beim Fußball. Da der Fußballplatz selten einem englischen Rasen gleicht, kommt es bei der „Stop-and-Go“ Sportart schnell zu ruckartigen Verdrehungen, die die Sportler ausgleichen müssen. Oft leidet dabei das Kreuzband.

Mit nur drei Jahren stand David Sambale das erste Mal auf Skiern, mit vier machte er gemeinsam mit seinem Vater die erste Skitour. Die Begeisterung für das Skibergsteigen ist ihm geblieben, wenn auch zunächst nicht im Bereich des Leistungssportes. „Ich habe gleichzeitig viele Sportarten ausprobiert“, sagt der 21-Jährige.

Durch Zufall ist er mit 16 Jahren über das DAV Jugendnachwuchsprogramm auf den Leistungssport gestoßen. Anfangs lief er die Skitour-Rennen bei der deutschen Meisterschaft der Junioren zwar mit Erfolg und Spaß – allerdings ohne Kader. Doch nach zwei deutschen Meistertiteln wurde der DAV auf ihn aufmerksam. Seit dem Winter 2018/19 ist er beim DAV als Skibergsteiger dabei, seit 2019/20 sogar Teil der Nationalmannschaft im Skibergsteigen.

Durch die Sportförderung der Bundeswehr ist es für David Sambale möglich, neben dem Sport zusätzlich in München Jura zu studieren. „Allerdings ist das Studium momentan eher zweitrangig“, sagt der Student. „Ich bin vornehmlich Sportler, in der Freizeit und an trainingsfreien Tagen schaue ich mir dann die Vorlesungsaufzeichnungen an.“

Mit 21 Jahren blickt David Sambale auf einige sportliche Leistungen zurück: fünffacher deutscher Juniorenmeister und achtfacher Medaillengewinner bei deutschen Junioren-Meisterschaften. Sein bislang größter Erfolg: Vize-Weltmeister in seiner Altersklasse U23. Bei der Weltmeisterschaft in Andorra 2021 zahlten sich das harte Training und Ehrgeiz aus.

Wenn das Knie knackt

Im März 2018 hört David Sambale bei sich selbst das gefürchtete und typische Kreuzbandriss-Knacksen. „Nach der Abfahrt, als das Adrenalin und die Aufregung weg waren, habe ich die Verletzung erst wirklich wahrgenommen“, erinnert sich David Sambale. Im medizinischen Versorgungszentrum Oberstdorf findet David Sambale die richtige Behandlung und wird von Dr. Jan Schneider operiert.

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Dr. med. Jan Schneider ist nicht nur als Arzt erfolgreich. Seine Ironman-Bestzeit auf Hawaii liegt bei 10:37:51 Stunden. Foto: Privat
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David Sambale lässt nicht locker. Hier zu sehen beim Weltcup-Finale der Skibergsteiger im italienischen Madonna di Campiglio. Foto: Nils Lang

Inmitten der Berge liegt die Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Handchirurgie. Im Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung an der Klinik Oberstdorf werden bis zu 850 Knie- und Hüftoperationen jährlich durchgeführt. „Die Klinik Oberstdorf gehört im süddeutschen Raum zu den Top 10 der orthopädischen Spezialkliniken – und das inmitten einer 5-Sterne Landschaft“, berichtet Christian Wucherer, Beauftragter für PR und Marketing des Klinikverbunds Allgäu. Aufgrund der Spezialisierung in der Behandlung von Sportverletzungen sind die Ärzte des MVZ Oberstdorf betreuende Sportmediziner des Olympiastützpunktes Bayern / Regionalzentrum Allgäu sowie Mannschaftsärzte der alpinen Skimannschaft des Deutschen Skiverbandes.

Sportler und Mediziner

Im Zentrum der Maximalversorgung operieren Ärzte, die selbst als Sportler, teilweise sogar im Leistungsbereich, aktiv sind oder waren. So auch Dr. med. Jan Schneider, Facharzt für Orthopädie mit den Schwerpunkten Kniegelenkchirurgie und Sportorthopädie.

„Ich denke, es ist wichtig, dass wir als Sportmediziner selbst aktiv sind, denn so sehen wir die Probleme bei Sportlern einfach besser“, sagt Schneider. Und aktiv ist er: Skifahren, Langlaufen, Triathlon. Letzteres sogar so erfolgreich, dass Schneider schon zweimal am Ironman auf Hawaii teilnahm. Als Sportler weiß er, was auf einen Athleten nach einer Verletzung zukommt. „Es ist eine Gratwanderung zwischen Pausieren und wieder anfangen.“ Es folgt eine schwere Zeit: körperlich und mental.

Zurück zur Leistung

Sowohl der Amateur als auch der Profi-Spieler kommen bei einem Kreuzbandriss nicht um eine Operation herum. „Die meisten Gelenkverletzungen versorgen wir operativ durch eine minimalinvasive Gelenkchirurgie“, erklärt Schneider. Hierbei wird das alte Kreuzband durch körpereigene Sehnen ersetzt. Es wächst an der Knochenverankerung in Oberschenkel und Unterschenkel wieder ein, sodass es zum natürlichen Bestandteil des Knies wird.

Doch mit der Operation ist es nicht getan. „Der schwierige Teil kommt erst nach dem operativen Eingriff“, weiß Schneider. Denn jede noch so gute Operation ist nur mit der richtigen Nachsorge und Physiotherapie erfolgreich. Hierbei ist ein Zusammenspiel zwischen motiviertem Sportler als Patient, Operateur und Physiotherapeut enorm wichtig. „Vor allem die Kommunikation ist hierbei ein großer Faktor, denn ein Schema F gibt es hier nicht.“ Jeder Patient wird mit einer individuellen Lösung betreut.

Motiviert mit Unterstützung

Auffällig hierbei ist die Erfolgschance bei Leistungssportlern. „Als Sportler bin ich es gewohnt, ein Ziel zu haben und hart dafür zu arbeiten“, sagt David Sambale. Auch das Umfeld spielt hier eine Rolle: Es gibt viele Personen, die einem den Rücken stärken und motivieren, schließlich geht es hierbei um die berufliche Laufbahn. „Ein Spitzensportler muss sich nicht überlegen, wie er die Therapie in seinen Tagesablauf integriert“, sagt Schneider. Wenn der Sport sein Beruf ist, sind Therapie und Training sein Tagesablauf. „Wir haben das Glück, dass wir im Alpinmed die Patienten in der Operation-Nachsorge sowie zum Muskelaufbau betreuen können“, sagt Schneider. So ist den Patienten eine Betreuung von Anfang bis zum Schluss sichergestellt.

Das erste Rennen nach der Operation: „Ich habe anfangs gespürt, da war mal was“, erinnert sich David Sambale. „Als ich dann auf den Skiern stand, habe ich gemerkt, es passt und ich habe keine Probleme.“ Seit der Operation ist einige Zeit vergangen und David Sambale trainiert weiter auf sportliche Erfolge und Höhepunkte hin. „Jetzt im Sommer fahre ich mit dem Rennrad, laufe viel, bin in den Bergen und auf Skirollern unterwegs“, berichtet er.

Spätestens Ende November, wenn die Saison wieder losgeht, spürt David Sambale neben sportlichen Erfolgen auch den medizinischen. „Besser gesagt, ich spüre nichts!“ Maricci King