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PFIFFIGE IDEEN IN KRISENZEITEN

Vor 100 Jahren wurde der Grundstein zum europaweit tätigen Schindelzentrum Allgäu in Oberstaufen gelegt. Wie der Familienbetrieb Schwierigkeiten meistert.

NATURPARK HAFF-REMICH/LUXEMBURG
NATURPARK HAFF-REMICH/LUXEMBURG

Oberstaufen. Der Kindergarten in Stein, die Kapelle in Genhofen und der Gärkeller der Brauerei Meckatzer tragen ihre Schindeln ebenso wie Wohnanlagen in Hamburg oder Windmühlen in den Niederlanden. Das Schindelzentrum Allgäu GmbH ist heute ein europaweit tätiger Familienbetrieb mit Sitz in Oberstaufen-Salmas. Den Grundstein legte vor 100 Jahren Franz Stiefenhofer, Großvater des heutigen Geschäftsführers Georg Hummel: 1924 baute er in wirtschaftlich schwieriger Zeit einen holzverarbeitenden Betrieb in Thalkirchdorf auf, der zunächst Huinzen für das Trocknen von Heu herstellte. 

Das Geschäft florierte. „Schon wenige Jahre später waren bei Stiefenhofer über 20 Arbeitskräfte angestellt“, sagt Georg Hummel. Außenstellen für Produktion und Vertrieb entstanden ab 1930 in Herrsching am Ammersee und in Seekirchen bei Salzburg. Bald kamen Zaunmaterial, Hopfenstangen und Schindeln in der Produktion dazu. Mit steigender Nachfrage übernahm Stiefenhofer auch das Verlegen der Schindeln. „Auftraggeber waren meist die Kirche, aber zunehmend auch der Staat“, erinnert sich Hummel: „Ab etwa 1935 wurden oft Gebäude der Wehrmacht, Kasernen und Skihütten mit Schindeldächern gedeckt.“ Für Großaufträge wie die Ordensburg in Sonthofen mobilisierte Stiefenhofer Schindelmacher-Kollegen aus dem gesamten Allgäu. 

Der Zweite Weltkrieg brachte schwierige Zeiten: Es mangelte an Arbeitskräften. Nach Kriegsende fiel die Nachfrage nach Zaunmaterial und Schindeln. Stiefenhofer begann, auf Rat eines Schulfreundes, Zedernschindeln aus Nordamerika zu importieren, die günstiger und wetterbeständiger waren als die einheimischen aus Fichte und Tanne. Ein zukunftsweisender Schritt. 

In den 60er Jahren ging die Nachfrage nach Huinzen zurück. Elsa Hummel-Stiefenhofer, die den Betrieb nach dem Tod ihres Vaters 1957 übernahm, baute 1963/64 mit ihrem Mann Hans einen Skilift, um die verbliebenen Mitarbeiter zu halten. „Im Winter betreuten die Angestellten den Lift, im Sommer wurden Schindeln verlegt“, erklärt Georg Hummel. Seine Mutter beeindruckte ihn, indem sie mit 40 Jahren die Zimmermeister-Ersatzprüfung ablegte, um den Betrieb führen zu dürfen. Ihr Meisterstück war die Dachdeckung der Kapelle in Sonthofen-Rieden. 

Die Geschäftsbeziehungen mit Kanada intensivierte Georg Hummel, der nach einem Bauingenieurstudium 1986 den Betrieb übernahm. Er wandelte ihn in die Hummel-Stiefenhofer GmbH um und gründete 1998 das Unternehmen in Salmas als Schindelzentrum GmbH neu. Heute bietet der Betrieb über 400 verschiedene Schindelarten an, die oft in der Denkmalpflege verwendet werden. Um den Markt zu bedienen, baute Hummel vor über 30 Jahren kleine Manufakturen in Tschechien auf, bei denen auch ausgefallene Schindelarten auftragsweise gefertigt werden können. 

Nach 50 Jahren im Betrieb plant Georg Hummel seinen Ruhestand. Die vierte Generation steht bereit: Schwiegersohn Simon Hummel arbeitet seit Jahren im Schindelzentrum mit. Das 100-jährige Jubiläum wurde kürzlich im Thaler Festsaal gefeiert. (ks/pm)

SCHINDELZENTRUM ALLGÄU GMBH
Salmas 35
87534 Oberstaufen
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