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Weihnachtsgeschichte: Elias großer Wunsch

Die Geschichte eines Jungen, der sich zu Weihnachten nur eine Sache wirklich wünscht

Foto: drubig-photo - stock.adobe.com

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Wie lange er auch aus dem Fenster starrte, es wollte einfach nicht zum Schneien beginnen. Stattdessen fielen große Regentropfen gegen die Fensterscheibe vor Elias Schreibtisch. Eigentlich sollte er seine Hausaufgaben machen, aber wer hat schon zwei Tage vor den Ferien Lust auf Mathe. Einmal weiße Weihnachten – das stand dieses Jahr ganz oben auf seinem Wunschzettel. Penibel hatte er den Wetterbericht der letzten Tage verfolgt. Im Radio, im Internet, in den Nachrichten, er klaute morgens sogar die Wetterseite aus der Tageszeitung, während seine Mutter sie noch las. Nur einmal wollte Elias die weiße Weihnacht erleben, von der die Erwachsenen so sehnsüchtig erzählten. Doch die Prognosen und der anhaltende Dauerregen schwemmten nicht nur die Hoffnung auf weiße Weihnachten hinfort, sondern Elias ganze Weihnachtsstimmung. Da half auch der herrliche Geruch von Plätzchen nichts, der sich im ganzen Haus ausgebreitet hatte. Seine Eltern waren gerade mit Elias Schwester in der Küche mit Backen beschäftigt. Sobald er mit den Hausaufgaben fertig wäre, dürfe er auch mithelfen und Butterplätzchen ausstechen und sie, wenn sie frisch aus dem Ofen kommen, mit Zuckerguss und Zuckerperlen verzieren, hatte seine Mutter ihm versprochen. Doch Elias hatte weder auf Mathe noch auf Backen rechte Lust.    

„So geht das nicht. Wünsch dir doch noch was Anderes.“ Hatte seine Mutter gesagt, als sie Elias seinen ersten Wunschzettel wieder zurückgegeben hatte. „Warum nicht? Ich will nur weiße Weihnachten! Andere Geschenke will ich gar nicht.“ Hatte dieser darauf erwidert. „Man kann sich doch kein Wetter wünschen!“ „Aber warum denn nicht?“ Auf die letzte Frage hatte er keine befriedigende Antwort mehr bekommen, nur ein etwas Genervtes: „Bitte schreib noch andere Sachen auf deinen Wunschzettel.“ Das hatte Elias auch getan, aber an erster Stelle, vor Spielen, Büchern und anderen Dingen, blieb sein Wunsch nach Schnee stehen. Aber es half ja doch nichts. Widerwillig widmete sich Elias seinen Hausaufgaben, ohne sich recht zu beeilen und sah dabei immer wieder traurig aus dem Fenster.
  

Später, beim Verzieren der Butterplätzchen und sogar noch am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule, verbesserte sich seine Stimmung auch nicht. Zwar hatte es aufgehört zu regnen, für Schnee war es aber immer noch deutlich zu warm. Der Unterricht war zu Elias Freude ganz entspannt. Sie sahen Filme an und bastelten noch Fenster- und Wandschmuck für die Schulweihnacht, mit der morgen die Winterferien eingeläutet werden sollten. Nur seine Mathelehrerin bestand auf eine ordnungsgemäße Stunde. Und fast war Elias ihr dafür sogar dankbar. Er hatte einfach keine Lust mehr auf Weihnachten. Auf dem Pausenhof war er ungewöhnlich still, während seine besten Freunde Theorien darüber austauschten, was sie wohl alles unter dem Baum in buntes Papier verpackt finden würden. In all den anderen Jahren hatte Elias auch gerne mitgeraten und angegeben, was er alles bekommen würde. Nun fehlte ihm aber die Lust dazu. Weiße Weihnacht konnte man gar nicht verpacken und unter den Baum legen. Also saß er stumm dabei und hoffte, niemand würde ihn auf seine Wünsche ansprechen.
     

Zuhause konnte er dem Weihnachtstrubel ebenfalls nicht entkommen. Die Krippe wurde aufgestellt und seine Schwester war tief darin versunken, Hirten, Schafe, Josef und Maria, Ochs und Esel wieder und wieder neu anzuordnen, sie kurz zu betrachten und kopfschüttelnd nochmal von vorne zu beginnen. Als Elias gefragt wurde, ob er nicht auch noch ein paar Strohsterne an den Baum hängen wolle, lehnte er ab und verzog sich stumm auf sein Zimmer.
     

Dort angekommen wusste er nichts Rechtes mit sich anzufangen. Auf Lesen oder Musikhören hatte er keine Lust, Hausaufgabe keine auf, mit Freunden wollte er sich nicht treffen, weil es nur wieder um Weihnachten und Geschenke gehen würde. Elias legte sich trübsinnig auf sein Bett und starrte gedankenverloren die Decke an. Er fand, es wäre besser, wenn Weihnachten einfach ausfallen würde. Entweder weiße Weihnachten oder gar keine Weihnachten. Er lag so da, bis Elias zum Abendessen gerufen wurde. Er hatte keinen Appetit. „Elias, bitte stocher nicht so im Essen rum!“, ermahnte ihn sein Vater. Doch Elias blickte nur kurz von seinem Teller auf und fuhr dann unbeirrt fort. Nach dem Essen ging er Zähneputzen und legte sich sofort ins Bett. Er konnte lange nicht einschlafen. 

Weihnachtsgeschichte: Elias großer Wunsch-2
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Am Morgen des 23. Dezember regnete es wieder in Strömen. Genervt vom Wetter, ja genervt vom ganzen Tag, zog sich Elias die Decke wieder über den Kopf, nachdem er seinen Wecker ausgeschaltet hatte. In der Schule machte Elias nicht wirklich mit. Teilnahmslos saß er in der Aula und versuchte so gut es ging Weihnachtslieder, das kurze Stück der Theatergruppe und den Geruch nach Kinderpunsch auszublenden. Nein, er hatte wirklich einfach keine Lust mehr auf Weihnachten. „Was ist denn los mit dir?“, fragte einer seiner besten Schulfreunde, der sich schon länger über Elias komisches Verhalten wunderte. Dieser zuckte nur mit den Achseln und starrte betrübt in die festlich geschmückte Aula. Endlich die erlösende Schulglocke und während beinahe alle Schüler eilig den Ferien entgegen sprinteten, schlurfte Elias langsam und geknickt nach Hause. Halb abwesend und sehr trübsinnig half er bei den letzten Vorbereitungen und ging ganz ohne Vorfreude ins Bett.

Dann kam der Morgen des Heiligen Abends. Zuhause war alles schon vorbereitet: Engel und andere Figürchen schmückten zusammen mit Sternen in allen Größen und Farben jedes Zimmer. Da die Eltern noch arbeiten mussten, sahen Elias und seine Schwester den Vormittag über fern, wobei sie abwechselnd aussuchen durften, was lief. Nach dem Mittagessen zog sich Elias zurück auf sein Zimmer, las etwas und schaute hin und wieder sehnsüchtig aus dem Fenster. Er wartete auf ein Weihnachtswunder, das nicht mehr kommen sollte. So verstrich der Nachmittag langsam, mit nur einer Unterbrechung der Schwester, die mit Elias spielen wollte.

Weihnachtsgeschichte: Elias großer Wunsch-3
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Weihnachtsgeschichte: Elias großer Wunsch-4
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Es wurde langsam Abend. Alle waren in Weihnachtsstimmung, nur einer nicht. Selbst beim Abendessen, es gab wie jedes Jahr Ente mit Semmelknödeln, verschwanden die dunklen Wolken um Elias nicht. Denn kurz vor seinem ersten Bissen hatte er festgestellt, dass es immer noch regnete. Kaum war das Abendessen vorbei stürmte Elias kleine Schwester vorfreudig auf ihr Zimmer, nur um nach kurzer Zeit in ihrem braunen Hirtenkostüm mit Hirtenstab aufgeregt im Flur zu stehen. Sie drängte den Rest der Familien zum schnellen Aufbruch. „Wenn ich zu spät komme, fangen die mit dem Krippenspiel ohne mich an. Wir sollen mindestens eine halbe Stunde davor da sein und außerdem …“ Sie ließ nicht locker, bis auch der letzte Winterstiefel angezogen war und sich die Familie mit Regenschirmen bewaffnet auf den Weg in die Kirche machte. Elias Schwester war sehr aufgeregt, glänzte aber in ihrer Rolle als Hirtin. Der Regen musste während des Gottesdiensts weiter zugenommen haben, denn auf dem Nachhauseweg prasselte ein starker Dauerregen auf die Schirme.

Zuhause angekommen, zogen sich alle warme, gemütliche Klamotten an. Dann wurden die Kinder wie jedes Jahr auf ihr Zimmer geschickt. Unten wurden jetzt bestimmt die Geschenke unter den Tannenbaum gelegt. Elias blickte wieder einmal sehnsüchtig hinaus in das Dunkel der Heiligen Nacht. Im Schein einer nahegelegenen, orangeleuchtenden Straßenlaterne konnte er die dicken Regentropfen erkennen. Das war es also. Der letzte Schimmer Hoffnung auf eine weiße Weihnacht, das Einzige, was er sich in diesem Jahr wirklich gewünscht hatte, war erloschen. Er wollte nicht weinen, konnte sich aber eine einzelne kleine Träne nicht verkneifen, die langsam seine Wange hinunterlief. Heute mussten sie länger warten als sonst. Elias hörte seine Schwester im benachbarten Zimmer nervös und voller Vorfreude auf und abgehen. Dann läutete das sanfte Klingeln eines Glöckchens die Bescherung ein. Elias Schwester rannte förmlich hinunter und ins Wohnzimmer. „Vorsicht, Vorsicht! Nicht so schnell, sonst stolperst du noch“, mahnte die Mutter sie, doch Elias Schwester ließ sich nicht beirren. Elias hatte es nicht annähernd so eilig. Als er mit etwas hängendem Kopf das Wohnzimmer betrat stockte er. Im ersten Moment verstand Elias nicht wirklich, was sich vor seine Augen abzeichnete. Das ganze Wohnzimmer, vom Fußboden bis auf die Schränke, der Sessel und das Sofa, sogar der Tannenbaum und die Weihnachtsfigürchen waren mit weißer Watte geschmückt worden. Wie eine echte Schneeschicht breitete sich die Watte im Zimmer aus. Mit offenem Mund stand er da und konnte sich gar nicht am Wohnzimmer sattsehen, das so wirkte, als hätte es bis gerade eben noch kräftig geschneit. „Ich hoffe es gefällt dir!“, sagte seine Mutter, als sie ihren Arm um seine Schulter legte. „Ich weiß, es ist nicht wirklich weiße Weihnacht, aber wir wollten dir eine kleine Freude machen.“ „Es ist fantastisch“, antwortete er noch etwas perplex. „Weißt du, manchmal ist es nicht so, wie man sich das wünscht. Aber den Kopf dann nur noch hängen zu lassen, ist nicht das Richtige. Man muss eben das Beste daraus machen“, erklärte sie mit sanfter, liebevoller Stimme. „Stimmt, haben die zwei ja auch gemacht“, und mit einem Kopfnicken deutete Elias auf Maria und Josef, die sich in der Krippe besorgt über das kleine Jesuskind beugten. Der Vater machte Musik an. Draußen fiel weiter der Regen, im Wohnzimmer sang ein Chor aus den Musikboxen: „Leise rieselt der Schnee.“ Text: Max Hohenegger