Mobilität

FRISCH GEZAPFT

Seit diesem Frühjahr findet man an Tankstellen einen neuen Biodiesel vor, der unter anderem aus altem Frittierfett gewonnen wird

Foto: Katavudh-stock.adobe.com

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Zugegeben: An der Tankstelle kann man mitunter fast den Überblick an der Zapfsäule verlieren. Neben bekannten Größen wie Super und Diesel gibt es unlängst Super Plus, Super E10, Ultimate Diesel und mehr. Nun reihen sich zwei neue Kürzel in die Zapf-Reihe: HVO100 und XTL. Beide stehen für einen neuen Dieselkraftstoff, hergestellt aus alten Speiseölen und Reststoffen wie etwa nicht länger benötigtem Frittierfett. Dieser Biodiesel wird anstatt aus fossilem Erdöl aus nachhaltigen Ausgangsstoffen, nämlich aus Pflanzenölen, gewonnen und soll eine neue Ära von Kraftstoffen einläuten.

Doch Öl ist nicht gleich Kraftstoff. Es bedarf eines chemischen Prozesses, der die Pflanzenöle modifiziert, sodass sie in ihren Eigenschaften dem Dieselkraftstoff gleichen und in ihrer Reinform an der Tankstelle getankt werden können. Genau genommen werden die Pflanzenstoffe hydriert. So kommt der Kraftstoff auch zu seinem Kürzel HVO (Hydrotreated Vegetable Oils, deutsch: hydrierte Pflanzenöle).

X-BELIEBIGE STOFFE

Das Prinzip der XTL-Kraftstoffe ist so simpel wie genial: Ein beliebiges Ausgangsmaterial, genannt X, wird in eine Flüssigkeit umgewandelt, denn Flüssigkeiten sind tankbar. Zu Englisch heißt das Prinzip "X to liquid", daher die Abkürzung XTL. In der Theorie erlaubt dieses Prinzip, beliebige Ausgangsmaterialien mithilfe eines chemischen Prozesses zu klimafreundlichem Kraftstoff zu machen. Es erstreckt sich ein weites Feld der neuen Möglichkeiten.

Zugrunde liegender Gedanke ist natürlich der Klimaschutz. Zwar geht in Deutschland die Zahl der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor stetig zurück. Dennoch lag laut Statista zum ersten Januar der Prozentsatz der mit Benzin betriebenen Pkw bei knapp 62 und jener der Dieselmotoren bei knapp 29 Prozent. Insgesamt liegen die Verbrennungsmotoren somit noch immer bei rund 90 Prozent. Weswegen nun auf die Kraft nachwachsender Pflanzen gesetzt wird. Und zwar nicht nur weil sie – wie gesagt – nachwachsen. Sie binden zudem Zeit ihres Lebens Kohlendioxid. Mit Kraftstoff auf Pflanzenöl-Basis können so Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in den Klimaschutz einbezogen werden.

Doch Vorsicht: Nicht jedes Fahrzeug, dass den altbekannten Diesel tankt, eignet sich auch für die Bio-Variante. Was zur Klärung hilft, ist der Blick in den Tankdeckel. Freigegeben sind Fahrzeuge, auf deren Etikett XTL vermerkt ist. Zu finden ist eine solche Aufschrift jedoch vor allem bei neu gekauften Dieselautos. Für ältere Modelle gibt es eine Freigabeliste, die hilfreich sein kann: www.dat.de/b10-xtl/

AUF FREIGABE ACHTEN

Grundsätzlich gilt: Keine Freigabe, bedeutet nicht automatisch, dass der Motor nicht kompatibel ist. Am Ende des Tages ist es für die Hersteller eine Frage des Geldes, ob sie ihre Fahrzeuge testen lassen. Denn Freigabetests sind durchaus kostspielig. Manch ein Hersteller spart sich diese Kosten für bestehende Modelle und plant sie lediglich für angedachte Neufahrzeuge.

Sinnvoll ist der Kraftstoff HVO100 nur dann, wenn seine Basis wahrhaftig aus Reststoffen besteht. Probleme gab es in dieser Hinsicht bereits in Form von Palmöl, das umetikettiert wurde, sodass aus einem Rohstoff ein Reststoff wurde. Besonders im asiatischen Raum versuchte man in der Vergangenheit, frisches Palmöl zu Altfett zu deklarieren - womit unterm Strich für klimafreundlichen Biodiesel Regenwald abgeholzt wurde. Ein Frevel. Zudem bleibt zu bedenken, dass die Menge an altem Frittierfett und ähnlichem nicht endlos verfügbar ist. Und manch ein Stoff eignet sich zwar per se als Grundlage für den neuen Kraftstoff, wird aber an anderer Stelle benötigt - wie beispielsweise das Stroh im Stall.