200 Jahre Sebastian Kneipp – Ausgeglichen Leben
Das Erbe Sebastian Kneipps wird in Bad Grönenbach mit Leben gefüllt.
Kaum ein einzelner Mensch hat Bad Grönenbach, ja die ganze Region so beeinflusst wie Sebastian Kneipp. Seit über 60 Jahren wird im Kurort die Lehren Kneipps aktiv praktiziert und weitergegeben. Dieses Jahr feiert die ganze Region den 200. Geburtstag des Gesundheitsrevolutionärs. Seine Lehren sind so lebendig wie noch nie. Oft sind sie hinter neuen Ausdrücken versteckt, aber wer genauer hinsieht, der findet Kneipp in vielen aktuellen Trends. Ob „Super-Foods“, „Work-Life Balance“ oder die Kältebäder im Spitzensport – Kneipp kannte und lehrte diese Dinge schon.Doch einfach war der Weg des Sebastian Kneipps zur anhaltenden Beliebtheit nicht. Es galt, viele Hürden, Hindernisse und Schicksalsschläge zu überwinden. Wenn wir an Kneipp denken, haben wir oft das Bild des älteren Pfarrers mit den markanten Augenbrauen im Sinn. Doch wir besuchen Sebastian Kneipp als jungen Erwachsenen auf einer wichtigen Station in seinem Leben. Wir sehen uns Kneipp in Bad Grönenbach an.
Lateinunterricht für einen Webersohn
Um seinen Traum, Pfarrer zu werden, erfüllen zu können, muss Sebastian Kneipp unbedingt das Gymnasium besuchen. Als Sohn einer Weberfamilie mit kaum finanziellen Mitteln ist dies damals beinahe unmöglich. Beim 21-jährigen fehlt es neben dem Geld auch an den Lateinfähigkeiten. Mehrmals versucht er sich in Schongau und Augsburg mit Lateinunterricht auf die Zulassung vorzubereiten, aber leider ohne Erfolg.
Dann holt ein entfernter Verwandter, der Kaplan Matthias Merkle, den Webergesellen 1842 nach Grönenbach und Sebastian Kneipps Leben soll sich ab diesem Punkt grundsätzlich verändern. Im Pfarrhaus auf dem Stiftsberg bekommt er von Merkle endlich die Lateinstunden, die er für die Aufnahme aufs Gymnasium dringend braucht. Merkle wird in der Grönenbacher Zeit zu einer prägenden Persönlichkeit für den jungen Kneipp. Später, als Merkle sich als Professor und Reichstagsabgeordneter in Dillingen und München verdient macht, bleibt er weiter mit seinem Zögling verbunden.
Eine weitere Begegnung in Grönenbach dürfte den jungen Kneipp auf seinen weiteren Weg stark beeinflusst haben. Köberlin, ein evangelischer Pfarrer, ist begeisterter Botaniker. Beim Austausch mit ihm könnte das Interesse Kneipps an der besonderen Heilkraft der Kräuter begonnen haben. Doch der fleißige Sebastian Kneipp widmet sich im schönen Grönenbach nicht nur seinen Studien. Beim Dorfvorsteher Schmid verdient er sich als landwirtschaftlicher Knecht seinen Lebensunterhalt und sicherlich streift er durch die schöne Gegend – und wer weiß, vielleicht nimmt er auch das ein oder andere Fußbad in der Grünen Ach...
Der erste Patient
Seine Studien in Grönenbach haben Erfolg und 1848 beginnt Kneipp sein Studium in München. Er steckt sich aber an der grassierenden Tuberkulose an. Zufällig entdeckt er ein Buch über die Heilkraft des Wassers, geschrieben vom Arzt Johann Siegmund Hahn. Den ersten Patienten, den Kneipp behandeln wird, ist er selbst. Beeinflusst von den Lehren beginnt er die ersten Selbstversuche in der winterlichen Donau: „So ging ich in der Woche dreimal im Winter in die Donau und habe Halbbäder genommen.“
Bad Wörishofen
Die Behandlung zeigt Erfolg und die Lungenschwindsucht klingt ab. Mit 31 Jahren schließt er sein Studium ab und wird Priester. In den folgenden Jahren formuliert er seine Lehren und beginnt Menschen zu behandeln. Spottnamen und sogar gerichtliche Klagen halten ihn nicht mehr auf. 1885 wird er ins damals unbedeutende Wörishofen versetzt. In den 40 Jahren seines Wirkens in Wörishofen machte er die Gemeinde zu einem bedeutenden Kurort im Deutschen Reich. Hier veröffentlicht er 1886 sein wegweisendes Buch „Meine Wasserkur“ und bald kommen bis zu 150 Patienten täglich, um sich von Kneipp behandeln zu lassen.
Ein kometenhafter Aufstieg für den Webersohn Kneipp. Die fünf Säulen seiner Lehre haben kein bisschen an Bedeutung verloren und immer mehr Menschen begeistern sich für seine ganzheitlichen Ansätze – und das alles wäre ohne seinen Aufenthalt im beschaulichen Grönenbach seiner Tage nicht möglich gewesen.
Auf den folgenden Seiten können Sie die fünf Säulen Kneipps (Bewegung, Kräuter, Wasser, Ernährung und Balance) in Bad Grönenbach entdecken.
Ein Ort zum Genesen
Heilbäder und Kuren haben in Bad Grönenbach eine lange Geschichte. Laut Überlieferungen fand man in Grönenbach bereits im 16. Jahrhundert mehrere Badstuben. In diesen wurden verschiedene Therapien angewandt um Krankheiten vorzubeugen. Gerne, gerade von reicheren Bürgern, wurden auch sogenannte „Freioder Wildbäder“ aufgesucht. Das heute noch immer beliebte Bad Clevers gehört ebenfalls zu diesen. Zusammen mit der ansässigen Gastronomie, bestanden einige Gegebenheit eines Kurorts. Mit Dr. Georg Schmidtchen, Arzt und überzeugter Kneippianer, kam dann auch der richtige Vordenker in den Ort. Aus der ehemaligen Cleverssölde machte er ein Kneippkurheim, das immer noch besteht.
1949 wurde die erste ambulante Badeabteilung im heutigen Haus des Gastes von Dr. Armin Krautheim eingerichtet. Als 1945 noch das Kneippkurheim „Am Stiftsberg“ eröffnet wurde, stand der staatlichen Anerkennung als Kneippkurort nichts mehr im Weg.
Das Angebot wurde weiterausgebaut und die hohen Investitionen zahlten sich aus, denn die Gästezahlen stiegen immer weiter an. 1996 wurde die Marktgemeinde als „Bad“ anerkannt und darf sich bis heute noch als Kneippheilbad Bad Grönenbach bezeichnen.