COVID 19 Infektion überstanden, aber viele Patienten fühlen sich noch nicht gesun
Die Fachklinik Allgäu bietet ein spezielles Rehaprogramm für Post- und Long-COVID-Patienten an. Die Belegungszahlen und die Anfragen für eine pneumologische Rehabilitation steigen seit Monaten.
Nicht wenigen Patienten, die eine COVID-19 Infektion überstanden haben, leiden noch Wochen später an vielfältigen Beschwerden. Die Spätsymptome sind zum Teil unspezifisch, nicht immer objektivierbar und derzeit noch schwer in Bezug auf bleibende chronische Schäden zu beurteilen.Mittlerweile hat das Phänomen Long-COVID-Syndrom inzwischen fast ebenso viel Aufmerksamkeit erhalten, wie die primäre eigentliche Corona-Infektion selbst. Weltweit, insbesondere in den sozialen Medien, melden sich betroffene Patienten und schildern ihre vielfältigen Beschwerden.
unächst beginnt die Infektion mit einem akuten Stadium, das je nach Schwere der Erkrankung, unterschiedlich lange andauern kann. Im Verlauf von zwei bis fünf Wochen nach Beginn der Infektion spricht man von einem Post COVID-Syndrom. Längerfristig über Wochen und Monate fortbestehende Beschwerden, wie z.B. Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Müdigkeit, werden mit dem Begriff „Long COVID Syndrom“ bezeichnet.
Das Robert Koch Institut (RKI) meldet aktuell seit Beginn der Pandemie über 3,6 Millionen Infektionsfälle, die Mehrzahl von den bestätigten Fällen haben die Akutphase überstanden. Viele sind tatsächlich genesen - aber nicht frei von weiteren Symptomen. Auch die wissenschaftliche Datenlage ist unklar. „Wir versuchen gerade, die Akutphase medizinisch zu verstehen, aber es gibt immer noch mehr Fragen als Antworten“, so Dr. Thomas, Chefarzt der Abteilung für Pneumologie der Fachklinik Allgäu.
Das RKI stellt fest, dass etwa 40 % der in den Kliniken behandelten Patienten längerfristig eine medizinische Nachbehandlung benötigen. Auch nach sogenannten milderen Infektionsverlauf ist circa jeder 10. Patient länger als vier Wochen noch von Beschwerden betroffen. „Die Nachfrage nach pneumologischer Rehabilitation im Rahmen der Pandemie hat in den letzten Monaten überproportional zugenommen“, schildert Dr. Thomas. Die Fachklinik Allgäu hat mittlerweile fast 400 Patienten nach einer überstanden Corona- Infektion rehabilitiert, die meisten von ihnen fühlten sich subjektiv zu Beginn der Reha noch nicht gesund, zum Teil litten viele noch unter den erheblichen körperlichen und psychischen Folgen einer Beatmung auf der Intensivstation. Viele Patienten haben Fragen und Ängste, z.B. ob sie jemals wieder in den Zustand wie vor Beginn der Infektion zurückgelangen. Zuvor fühlten sich gerade jüngere Patienten - der Jüngste, der in der Fachklinik Allgäu behandelt wurde, war gerade 25 Jahre alt - topfit und gesund. Sie waren regelmäßig sportlich aktiv, im Sportverein oder in ihrer Freizeit.
Zwei Einzelbeispiele von Post- COVID Patienten, die in der Fachklinik Allgäu rehabilitiert wurden, zeigen wie vielfältig die Symptome und Beschwerden können.
Eine 29-jährige Patientin, die ambulant einen sogenannten milden Verlauf mit wenig Husten und Atemprobleme überstanden hatte, berichtet zu Beginn ihrer Rehabilitation: „Ich bin rasch erschöpft, leide noch immer unter Schlaflosigkeit, Gleichgewichts- und Konzentrationsstörung. Auch Geruchs- und Geschmackssinn sind gestört. Bei leichter körperlicher Anstrengung verspüre ich extreme Kurzatmigkeit und Herzrasen. Zurzeit habe ich wenig Selbstvertrauen.“ Vor ihrer Corona-Infektion war die Patientin als Physiotherapeutin einer Universitätsklinik tätig und bis dahin sportlich sehr aktiv. Mountainbiken und Bouldern waren für sie Herausforderungen, die sie ohne Probleme bewältigen konnte.
Ein zweites Beispiel: Ein 53-jähriger Patient mit schwerem COVID 19 Verlauf, von Beruf selbstständiger Schreinermeister. Er wurde uns zur Anschlussheilbehandlung (AHB) zugewiesen, nachdem er über 23 Tage wegen einer COVID- 19 Pneumonie mit Lungenversagen auf der Intensivstation invasiv beatmet worden war. In der Rehabilitationsklinik war der Patient zu Beginn nur mit einem Rollator mobil, nach 30 bis 40 Meter musste er eine Pause einlegen. Es bestand ein Gewichtsverlust von über 15kg, er benötigte ein Sauerstoffgerät, in der Nacht wurde die Atemmuskulatur mit einem Beatmungsgerät unterstützt. Für ihn persönlich stellte sich die Frage: Finde ich mich in meinen Alltag zurück und wie geht es beruflich weiter?
Beide Beispiele zeigen, dass die Schwere der COVID-19 Infektion nicht immer mit dem weiteren Verlauf korrelieren muss. Offenbar spielt es auch keine große Rolle, ob die Infektion ambulant behandelt wurde und zunächst einen milden Verlauf zeigt, oder ob der infizierte Patient stationär in einem Krankenhaus aufgenommen werden musste. In beiden Fällen können Beschwerden die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, sodass diesen Patienten eine Rehabilitation angeboten werden sollte.
Die Fachklinik Allgäu in Pfronten hat eine ausgewiesene Expertise in ihren beiden Fachabteilungen Pneumologie und Psychosomatik. Im Rahmen der Pandemie haben diese Bereiche in der Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung weiter an Bedeutung gewonnen. Um Patienten nach einer überstanden COVID-19 Infektion möglichst gut und zielgerichtet helfen zu können. hat die Fachklinik Allgäu ein besonderes Rehabilitationskonzept für Post - und Long COVID Patienten entwickelt.
Das Team aus Fachärzten, Psychologen, Atmungs-, Sport-, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Pflegepersonal sind erfahren im Umgang mit allen Schweregraden von lungenerkrankten Patienten und konnte dadurch kurzfristig ein COVID-19 Rehabilitationsprogramm entwickeln. Bei diesem stehen für die Patientengruppe nach der Akutbehandlung schwerpunktmäßig die Ziele wie Verbesserung der Atmung, verbesserter Lungenfunktion, Stärkung der Belastbarkeit, Kräftigung und Reduzierung von psychischen Belastungen im Vordergrund. Bestandteil dieser Rehabilitation ist eine spezielle Atemphysiotherapie und ein individuell erstellter Trainingsplan mit den Modulen Kraft, Ausdauer und neuromuskuläres Training sowie die psychologische Betreuung der Patienten.
Die Fachklinik Allgäu verfügt als eine der wenigen Rehaeinrichtungen bundesweit neben der pneumologischen Abteilung auch eine psychosomatische Abteilung. So kann im Hinblick auf das Wechselspiel von überstandener lebensbedrohlichen Lungenerkrankung und Psyche eine auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmte und abteilungsübergreifende Reha angeboten werden.
„Wir wissen“, sagt Chefarzt Dr. Thomas, „dass die SARS-CoV 2 Viren in der Lunge, aber auch in anderen Organen wie dem Herzen, Gefäßsystem, Nieren, Leber und Gehirn, tiefe Spuren hinterlassen können.“ Aber es gibt auch Anlass zur Hoffnung, dass durch eine qualifizierte und frühzeitige Rehabilitation die Folgeschäden und eine Chronifizierung längerfristig vermieden werden können. „Die Lunge kann sich wie auch die anderen Organe wieder erholen“, so der Pneumologe Dr. Thomas. Patienten mit schwerem Verlauf können sich in demselben Ausmaß erholen, wie die weniger schwer Erkrankten. Allerdings spielen die Faktoren Zeit, Alter und eventuelle Vorerkrankungen sowie ein regelmäßiges und ambulantes Training - auch nach Entlassung aus der Rhabilitationsklinik - eine große Rolle.
Fachklinik Allgäu
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