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Was für Energie Lawinen entfalten können und wie man deren Folgen bewerkstelligt

Franziska Mitzdorf begutachtet mit Markus Bertele den Hang, an dem die Monate zuvor so viel Aufräumarbeiten zu stemmen waren. Foto: Stefan Georg

Franziska Mitzdorf begutachtet mit Markus Bertele den Hang, an dem die Monate zuvor so viel Aufräumarbeiten zu stemmen waren. Foto: Stefan Georg

Wenn eine Schneelawine ins Tal donnert, entfaltet sich eine enorme Energie. Wie viel Zerstörungskraft entsteht, sieht man manchmal erst, wenn der Schnee geschmolzen ist. Dann sind plötzlich Felsen zu finden oder Baumstämme, die wie Streichhölzer umgeknickt wurden. Wenn der Schaden dann noch den Weg und die Weideflächen einer Alpe betrifft, dann kommt Franziska Mitzdorf vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ins Spiel. Die Alpfachberaterin für das Ober- und Ostallgäu steht an einem bewölkten Tag im letzten Oktober bei leichtem Nieselregen an einem Berghang und begutachtet zusammen mit Markus Bertele, dem Senn der Willersalpe bei Hinterstein, die Situation. Im Winter 2019 rauschte in der Nacht eine Schneelawine vom Ponten herunter und den Willersbach entlang ins Tal Richtung Hinterstein. Dabei riss sie eine Brücke mit, zerstörte den Weg mitsamt einer Furth und hinterließ auch auf den Weiden ihre Spuren. Die damalige Zerstörung kann man jetzt nur noch erahnen. Zum Glück gab es keine Personenschäden. Markus Bertele hat einiges hinter sich. Der Älpler musste eigentlich gleich zweimal aufräumen. Das erste Mal nach der Lawine und im Jahr 2020 noch einmal, als starker Regen im Frühjahr viel Holz herschwemmte. Die Brücke auf dem Weg zur Willersalpe hat es beispielsweise an beiden Ereignissen erwischt. Innerhalb von sechs Jahren musste sie nun schon das dritte Mal wieder aufgebaut werden. Aber die Mühen sind notwendig. Würde sich niemand der Aufgabe annehmen, käme das Vieh nicht mehr auf die Weideflächen und diese würden mehr und mehr mit Sträuchern und Unkraut versteppen. Daher muss rasch mit den Aufräumarbeiten begonnen werden. Insgesamt hat Markus Bertele mit vier Mitstreitern zwei bis drei Wochen aufgeräumt und dabei viel Brennholz zusammengetragen. Damit die Profis am Berg auch entlohnt werden können, kann er mit einer finanziellen Unterstützung aus dem Bayerischen Bergbauernprogramm rechnen. Und da tritt Franziska Mitzdorf auf den Plan. Im Rahmen dieses Programms ist es bereits das zweite Mal, dass sie sich auf den Weg ins Hintersteiner Tal machte. Zuerst hatte sie den Schaden begutachtet und dokumentiert. An dem Oktobertag ist sie wieder auf der Willersalpe, um sich zu versichern, dass die Arbeiten wie vorgesehen erledigt wurden und damit die Hilfsgelder fließen können.

Wer glaubt, der Job der Alpfachberaterin sei geprägt von lockeren Bergtouren, irrt sich gewaltig. Der Alltag von Franziska Mitzdorf ist durch Terminvorgaben beeinflusst. Die Entscheidung, ob der Weg zur Alpe heute oder erst morgen stattfindet, wird nicht durch den Blick auf das Barometer beeinflusst, sondern durch den Terminkalender. Da die Bewilligung vor dem Beginn einer Maßnahme erfolgen muss, herrscht oft großer Zeitdruck. In der Regelarbeitszeit ist das meist nicht zu bewältigen. „Im Sommer bin ich oft ab sechs Uhr morgens unterwegs und komme erst heim, wenn es schon wieder dunkel wird“, erklärt die Schwangauerin. Neben der Alpwirtschaft hat Franziska Mitzdorf auch ein zweites Aufgabengebiet, nämlich den Bereich Pflanzenbau. Hier dreht sich vieles um die Ausbildung von jungen Landwirten und die Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel die Düngeverordnung. „Ich muss beiden Aufgabenfeldern gleichermaßen nachkommen, was bei der Terminplanung oft nicht ganz einfach ist. Ich schätze das selbstständige und eigenverantwortliche Arbeiten aber sehr.“ Dass sich der Einsatz und die Mühen lohnen, davon ist nicht nur die sympathische Allgäuerin überzeugt. Schließlich hat Markus Bertele von der Willersalpe die Fördermittel aus dem Bayerischen Bergbauernprogramm auch schon erhalten. Stefan Georg 
    

Willersalpe

· Höhe: 1.456 Meter über N.N.
· Sie ist von Hinterstein in 1,5 h zu erreichen.
· Die Willersalpe ist Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen verschiedener Längen und Schwierigkeitsgrade:
– z.B. den Jubiläumsweg 8 h,
– vorbei am wunderschönen Schrecksee 4 h,
– dem Geißhorn oder Rauhhorn je 2,5 h,
– über den Ponten und Bschiesser zum Iseler in 5 h,
– sowie Vilsalpsee, Tannheim oder Rohnenspitze u.v.m.
· Die Willersalpe hat – witterungsbedingt – etwa von Anfang Juni bis Mitte Oktober geöffnet.

Aktuell werden aufgrund Corona keine Übernachtungen angeboten. Wenn diese wieder möglich sind, können Reservierungen unter der Mobilnummer 01 71 - 9 93 98 47 entgegengenommen werden.