Leben

Kinderklinik Memmingen: Spezialambulanz für Post-Covid-Erkrankungen bei Kindern

Zusammenarbeit mit großen Universitätskliniken – Kinder profitieren von gezielter symptomorientierter Behandlung

Der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek besuchte im Beisein von Kinderklinik-Chefarzt Prof. Dr. David Frommhold (hinten) die Post-CovidKinderambulanz am Klinikum Memmingen. Fotos: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen

Der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek besuchte im Beisein von Kinderklinik-Chefarzt Prof. Dr. David Frommhold (hinten) die Post-CovidKinderambulanz am Klinikum Memmingen. Fotos: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen

Lange war man überzeugt, dass junge Menschen eine untergeordnete Rolle in der Corona-Pandemie spielen. Doch nach oft nur milder Corona-Infektion kann ein komplexes Beschwerdebild bestehen bleiben.„Post-Covid-Erkrankungen betreffen leider nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche“, schildert der Chefarzt der Memminger Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Prof. Dr. David Frommhold. „Auch unsere jungen Patienten können nach einer Corona-Infektion unter Langzeitfolgen leiden – wenn auch weniger häufig als Erwachsene.“ 

Kinderklinik Memmingen: Spezialambulanz für Post-Covid-Erkrankungen bei Kindern-2
Beim Besuch der Post-Covid-Kinderambulanz am Klinikum Memmingen: Gesundheitsminister Klaus Holetschek (Mitte) im Gespräch mit (von links) Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder, Oberärztin Dr. Cordula Henrichs, Kinderklinikchefarzt Prof. Dr. David Frommhold und Oberarzt Dr. Robert Meisen.

„Um mehr über die Erkrankung zu erfahren“

Aus diesem Grund bietet die Kinderklinik am Klinikum Memmingen eine ambulante Abklärung von Post-Covid-Erkrankungen bei Kindern an.

„Um mehr über post-covid-erkrankte Kinder zu erfahren, arbeiten wir dabei im Rahmen einer Studie mit mehreren größeren bayerischen Kinderkliniken und Universitäten zusammen“, erklärt der Chefarzt. Die Studie nennt sich „Post Covid Kids Bavaria“, wird vom Freistaat gefördert und von der Regensburger Kinderklinik geleitet.

Vermuten Eltern bei ihrem Kind eine Post-Covid-Erkrankung, sollen sie sich laut Frommhold zuerst beim niedergelassenen Kinder- oder Hausarzt vorstellen. Dieser wird klären, ob ein klarer Hinweis auf eine durchgemachte Corona-Infektion vorliegt.

„Entweder über den Nachweis eines positiven Corona-Tests, über spezielle Antikörper im Blut oder die Bestätigung, dass in der Familie eine Corona-Infektion durchgemacht wurde“, erklärt Frommhold. Außerdem wird das Kind auf eindeutige Post-Covid-Symptome hin untersucht, wie beispielsweise Atembeschwerden, Herzkreislaufprobleme, Magen-Darm-Beschwerden, Erschöpfungssymptome oder chronische Müdigkeit.

„Es ist nicht einfach, Post-Covid-Krankheitsbilder bei Kindern zuverlässig zu erkennen.“

„Da die Symptome jedoch sehr vielfältig und unspezifisch sein können, ist es nicht so einfach, Post-Covid-Krankheitsbilder bei Kindern zuverlässig zu erkennen“, erklärt der Chefarzt. Deshalb bieten die Memminger Kinderklinik (Tel.: 08331/70-2300) und die Studienhotline in Regensburg (Tel.: 0941/369-95700) Unterstützung bei der Erfassung an. Erfasste Kinder bekommen dann einen Termin in der Memminger Spezialambulanz zugeteilt. „Bei diesem Termin werden wir mehrere Organsysteme des Kindes sehr ausführlich auf post-covid-verdächtige Symptome und Zeichen hin untersuchen“, schildert der Chefarzt. Beispielsweise durch Lungenfunktionsuntersuchungen, Herzkreislauftests sowie neurologische und psychologischen Testungen.

„Basierend auf diesen Untersuchungsbefunden und abhängig vom Leidensdruck des Kindes können wir dann eine gezielte symptomorientierte Behandlung einleiten und mit der Studienzentrale abstimmen“, erklärt Chefarzt Frommhold.

Bei Kindern mit sehr komplexen Krankheitsbildern und Kindern mit schwerem beziehungsweise chronischem Verlauf ist laut Frommhold auch eine Mit- und Weiterbehandlung in Kliniken der Kooperationspartner möglich (z.B. Universität Regensburg, Technische Universität München oder spezielle Reha-Einrichtungen).

„Auf diese Weise profitieren alle betroffenen Kinder optimal von dem Netzwerkgedanken des Projektes“, freut sich der Memminger Kinderklinikchefarzt.

Was ist Post-Covid?

Unter Post-Covid versteht man seltene Folgeerkrankungen nach einer akuten Infektion mit SARS-CoV-2. Im Kindes- und Jugendalter (bis 18 Jahre) sind sie selten (5 Prozent nach 4 Wochen bzw. 2 Prozent nach 8 Wochen). Sie können auch nach einer milden Infektion auftreten.

• Symptome
Häufig: Unwohlsein, rasche Erschöpfung, Husten, Schmerzen im Hals- und Brustbereich.
Seltener: starke Konzentrationsstörungen, Leistungseinbruch, Angststörungen, Depressionen.
Sehr selten: chronisches Müdigkeits-Syndrom (chronic fatigue).

• Risikofaktoren
Weibliches Geschlecht, höheres Alter, schwere akute Covid-Infektion und Vorerkrankungen. Dabei ist nicht klar, ob das Virus selbst oder eine unkontrollierte körpereigene Abwehr die Ursache ist.

• Behandlung
Eine ursächliche Behandlung ist noch nicht bekannt. Umso wichtiger sind die symptomorientierte Behandlung und der gemeinsame Erfahrungsaustausch der Ärzte im Netzwerk. Sport und Bewegung scheinen den Verlauf günstig zu beeinflussen.

Weitere wichtige Informationen, Fragebögen und Studienunterlagen: wecare – Post Covid Kids Bavaria (we-care.de)