Leben

Probleme mit der Prothese?

Operationen am künstlichen Hüft- oder Kniegelenk: Es muss nicht immer ein Komplettwechsel sein

Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel zeigt in der Endoprothetik-Sprechstunde das Modell eines künstlichen Hüftgelenks: Links sieht man die Hüftpfanne, den abnehmbaren Hüftkopf hält er in seiner Hand. Foto: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen

Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel zeigt in der Endoprothetik-Sprechstunde das Modell eines künstlichen Hüftgelenks: Links sieht man die Hüftpfanne, den abnehmbaren Hüftkopf hält er in seiner Hand. Foto: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen

Das Gelenk ist gerötet oder überwärmt? Die Prothese verursacht Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen? In solch einem Fall ist die Angst bei Patienten verständlicherweise groß: Muss mein Kunstgelenk an Hüfte oder Knie jetzt komplett ausgetauscht werden? Muss ich mich einer großen Operation unterziehen?Unfallchirurgie-Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel beruhigt: „Bei Wechseloperationen an Hüfte oder Knie muss es nicht gleich zu einem Komplettwechsel der eingebauten Prothese kommen.“Liegt beispielsweise ein Verschleiß des Kunststoff-Inlays vor, das sich in der künstlichen Hüftpfanne befindet, kann ein Teilwechsel durchgeführt werden: „Dabei wird nur das verschlissene Inlay aus Kunststoff sowie der aufgesteckte Hüftkopf der Prothese (siehe Foto) gewechselt.“ Dasselbe gilt für das künstliche Kniegelenk. Denn auch in diesem befindet sich ein Inlay aus hochwertigem Kunststoff: „Kunststoffe werden bei Prothesen dort eingesetzt, wo die Bewegung stattfindet. Bei den Kunststoffen handelt es sich um hochveredeltes Polyethylen. Denn die eingesetzten Materialien sind bruchfest und geräuscharm“, erklärt Chefarzt Schinkel, der auch Leiter des Zertifizierten Endoprothesenzentrums am Klinikum Memmingen ist.

Probleme mit der Prothese?-2
Röntgenbild einer Knieprothese. Bild: Klinikum Memmingen.
Probleme mit der Prothese?-3
Durch modulare Kniesysteme können große Teile des nicht mehr vorhandenen Knochens ersetzt werden. Grafik: Smith+Nephew

Allerdings kann es auch bei diesen hochwertigen Kunststoffen auf Dauer zu Abrieberscheinungen kommen: „Insbesondere bei schon lang einliegenden Prothesen.“

Die winzigen Kunststoffpartikel, die beim Abrieb entstehen, können vom Immunsystem nicht verstoffwechselt werden und führen so zu einem Abbau von Knochen und letztlich zur Lockerung der Prothese.

Chefarzt Schinkel empfiehl deswegen, das künstliche Gelenk regelmäßig röntgenologisch kontrollieren zu lassen: „Mindestens alle zwei Jahre! Denn je früher wir auf Veränderungen reagieren, desto kleiner fällt meist die Operation aus.“

Ob nur Teile der Prothese oder das gesamte Kunstgelenk gewechselt werden müssen, wird in der Prothesen-Sprechstunde festgelegt: „Entscheidend ist, ob die Prothesenkomponenten noch fest mit dem Knochen verankert sind.“ Zeigen sich Lockerungszeichen des Schaftes und der Pfanne, ist in der Regel ein kompletter Wechsel der Prothese notwendig.

„Natürlich führen Wechseloperationen in der Regel zu einem mehr oder weniger großen Verlust von Knochensubstanz“, schildert Chefarzt Schinkel die Ängste der Patienten. „Doch auch nach mehreren Wechseloperationen kann eine feste Verankerung der Prothese und damit ein gutes Ergebnis erreicht werden“, beruhigt der Chefarzt. Dafür gibt es heutzutage ganz spezielle Revisionsimplantate, die beispielsweise verlängerte Stiele vorweisen oder aus modularen Systemen bestehen. Bei diesen Systemen ist die Prothese aus mehreren Teilen zusammengesetzt (siehe Grafik): „Die Komponenten stehen in zahlreichen Größen und verschiedenen Varianten zur Verfügung und können so auch große Teile des nicht mehr vorhandenen Knochens ersetzen.“ So lässt sich das Implantat individuell an die besonderen Bedürfnisse des einzelnen Patienten anpassen.

Aufgrund des erhöhten operativen Schwierigkeitsgrades bei Wechseloperationen empfiehlt der Chefarzt, die Versorgung unbedingt in einem dafür zertifizierten Zentrum durchführen zu lassen: „Weil diese Zentren aufgrund erfahrener Operateure und modernster Implantate bestens auf solche Eingriffe vorbereitet sind.“

Kontakt:

Probleme mit der Prothese?-4

Chefarzt Prof. Dr. Christian
Schinkel Klinik für Unfallchirurgie, Handchirurgie und Orthopädie Zertifiziertes Endoprothetikzentrum

Tel.: 08331/70-2356
E-Mail: christian.schinkel@klinikum-memmingen.de

Um eine Langlebigkeit der Prothese zu erhalten, sollte man:

• Überbelastung und Stürze so gut esgeht vermeiden
• Übergewicht reduzieren
• Gelenk ausreichend bewegen
• Muskulatur erhalten
• Bei Sportarten auf harte Stöße auf das Gelenk verzichten: Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking sind besser geeignet als beispielsweise Volleyball oder Squash.