Unmittelbar am Menschen wirken
Drei Schüler der Berufsfachschule für Krankenpflege in Kaufbeuren begeistern sich für ihre Ausbildung
Irgendwann gibt es einen Moment im Leben, in dem wir auf Pflege angewiesen sind. Bei der Geburt, bei Unfällen, Krankheiten oder im Alter. In diesen Momenten können Patienten auf Pflegefachfrauen und -männer zählen. Sie übernehmen die Verantwortung für den gesamten Pflegeprozess und wirken bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mit.Der Ausbildungsberuf ist noch ein recht neuer, der seit 2020 die Ausbildungen zum Gesundheits- und Krankenpfleger, zum Altenpfleger und zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger bündelt und ersetzt. In der sogenannten generalistischen Ausbildung entscheiden die Auszubildenden nach zwei Jahren, ob sie eine Fachrichtung wählen möchten. Die Vertiefung ist dann beispielsweise als Kinderkrankenpfleger möglich. Führen Auszubildende die Ausbildung ohne Vertiefung fort, erhalten sie den Abschluss Pflegefachfrau beziehungsweise -mann.Evelina Schaf (22), Tobias Pinggera (19) und Lukas Guggenmos (18) haben sich für die Ausbildung zur Pflegefachfrau- beziehungsweise -mann in der Berufsfachschule für Krankenpflege in Kaufbeuren entschieden. Die drei entwickeln sich zu wahren Allroundtalenten in der Pflegebranche. Doch warum haben sie sich für einen Beruf mit viel Verantwortung, Belastung – sowohl psychisch als auch physisch – und Arbeitszeiten im Schichtwechsel entschieden? Lukas: Ich wollte tatsächlich schon immer in der Pflege arbeiten und bin auch schon länger in sozialen Bereichen aktiv. Beispielsweise bin ich aktives Mitglied der Feuerwehr. Da war die Ausbildung zum Pflegefachmann irgendwie naheliegend.Evelina: Bei mir ist es ähnlich. Ich wollte schon immer in der Pflege arbeiten. Nach meinem FSJ war dann auch klar, dass ich mich auf Kinderpflege spezialisieren möchte. Leider hat das nicht geklappt.Tobias: Ich bin erst über einen Umweg hier angekommen. Nachdem ich meine Lehre im Finanzamt abgebrochen habe, arbeitete ich für ein Praktikum im Altenheim. Dort merkte ich: das macht mir Spaß und es gibt einen Sinn, morgens aufzustehen. Also informierte ich mich über verschiedene Pflegeberufe, schickte meine Bewerbung los und hier bin ich!
Wie waren eure ersten Berührungspunkte mit Patienten?
Evelina: In der Ausbildung beginnt man zunächst mit der Körperpflege der Patienten. Schnell führt man diese Tätigkeit auch allein durch – je nachdem, wie gut man sich anstellt.
Lukas: Die Abläufe und Tätigkeiten sind ja auch an den Lehrplan angepasst, sodass man erst mit dem richtigen Wissen allein am Patienten arbeitet.
Tobias: Der erste Einsatz war ungewohnt. Da war natürlich die Sorge, etwas falsch zu machen. Doch mit der Zeit und etwas Übung spielen sich die Abläufe ein. Und andere Pfleger unterstützen uns immer, wenn wir Hilfe benötigen.
Was reizt dich an der Arbeit in der Pflege?
Tobias: Ich möchte eine sinnvolle Tätigkeit ausführen. Am ersten Tag meiner Rente möchte ich zurückblicken und sagen „das, was ich gemacht habe, hatte einen Sinn und ich habe etwas unmittelbar am Menschen bewirkt.“
Evelina: So geht’s mir auch. Mir gefällt es, etwas Gutes zu tun und Patienten zu helfen.
Lukas: Es ist schön zu sehen, wenn Patienten gesundheitliche Erfolge feiern können und man aktiv daran mitarbeitet, dass es für sie aufwärts geht.
Habt ihr mit bestimmten Erwartungen angefangen?
Lukas: Ich habe vorher ein Praktikum gemacht und wusste, was auf mich zukommt. Denn, so wie es in den Krankenhausserien dargestellt wird, ist unser Alltag meistens nicht.
Was sind besondere Momente in eurer Arbeit?
Tobias: Wenn ich Zeit habe, mich mit Patienten zu unterhalten. Besonders die ältere Generation hat viel Spannendes zu erzählen.
Lukas: Ganz genau – die Möglichkeit, neue Geschichten kennenzulernen, während man am Menschen arbeitet, ist super.
Evelina: Außerdem sieht man Dinge, die man im Alltag jetzt nicht so sieht: außergewöhnliche medizinische Fälle. Anfangs war das etwas befremdlich und ungewöhnlich. Aber wir interessieren uns ja dafür, weshalb es zum Glück nicht eklig für uns ist.
Was seht ihr als größte Herausforderung?
Lukas: Die Angst, ob ich es nach der Ausbildung schaffe, mit dem akuten Pflegemangel umzugehen.
Evelina: Für die Patienten gibt es viel zu wenig Pflegefachkräfte, und das erleben wir schon in der Ausbildung. Wir wägen täglich den Pflegeaufwand der Patienten ab und überlegen, wie viel Zeit wir welchem Patienten geben können.
Tobias: Das Zeitmanagement sehe ich auch als größte Herausforderung. In der Schule lernen wir zwar, wie es theoretisch ablaufen soll, in der Praxis ist es aber ganz anders. Leider können wir in manchen Situationen nicht den gelernten Ablauf anwenden, sondern improvisieren – was uns andererseits dabei hilft, in Notfallsituationen einen kühlen Kopf zu bewahren.
Gibt es Schattenseiten?
Lukas: Natürlich sind die Probleme und Ängste zum Pflegemangel vorhanden. Allerdings haben wir uns ja auch bewusst für die Ausbildung und den Beruf entschieden. Wir wissen, wie viel Stress auf uns zukommt. Es gibt leider keinen perfekten Beruf, und wir haben abgewogen, wo das Gute für uns persönlich überwiegt.
Was macht, eurer Meinung nach, einen guten Pfleger aus?
Tobias: Es ist wichtig, dass man einfühlsam, höflich und belastbar ist. Gerade an letzteres gewöhnt man sich allerdings schnell. Man wächst hier mit seinen Aufgaben.
Welche Erfahrungen könnt ihr in den Alltag übertragen?
Evelina: Das Bewusstsein, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist; dass es ein Privileg ist, gesund zu sein.
Tobias: Durch die Ausbildung wissen wir viel über Krankheiten, was im Alltag nützlich ist. So kann man mit manchen Krankheiten besser umgehen und achtet auch mehr auf sich selbst.
In der Pflege tragt ihr schon früh viel Verantwortung. Wie geht ihr damit um?
Lukas: Ich bin auf jeden Fall stolz: In meinem Bekanntenkreis höre ich immer wieder, dass meine Mitmenschen Respekt vor meiner Arbeit haben.
Tobias: Durch die Arbeit am Menschen und die damit verbundene Verantwortung wird man schneller erwachsen.
Welchen Tipp habt ihr für Schüler, die mit der Ausbildung anfangen möchten?
Lukas: Macht davor auf jeden Fall ein Praktikum in einem der Pflegebereiche. Denn Erwartung und Realität gehen oft weit auseinander.
Evelina: Und seid offen für die Ausbildung und lasst es einfach auf euch zukommen. Seht nicht nur das Schlechte, sondern macht euch auch das Gute an dem Beruf bewusst. Denn die guten Punkte überwiegen definitiv. Maricci King