Lokales

Aus Allgäuer Holz geschnitzt

Das jüngste Werk von Lucia Hiemer bricht mit Traditionen. Ein kurzes Porträt

Lucia Hiemer in ihrem Atelier bei Waltenhofen. Rechts im Bild steht das Kunstwerk "siebenkommadreimilliardenunddu", mit dem sie 2016 den Publikumspreis der Festwochenausstellung gewann. Sie hat das Werk mittlerweile in "siebenkommaachtmilliardenunddu" umbenannt. Für ihre Kunst arbeitet die Waltenhofenerin mit Holz aus der Region. Foto: Michael Mayr

Lucia Hiemer in ihrem Atelier bei Waltenhofen. Rechts im Bild steht das Kunstwerk "siebenkommadreimilliardenunddu", mit dem sie 2016 den Publikumspreis der Festwochenausstellung gewann. Sie hat das Werk mittlerweile in "siebenkommaachtmilliardenunddu" umbenannt. Für ihre Kunst arbeitet die Waltenhofenerin mit Holz aus der Region. Foto: Michael Mayr

Es geht bergauf und bergab über die Hügel des Oberallgäuer Alpenvorlandes. Die saftigen Wiesen leuchten zur Zeit in sattem Gelb und der Horizont wird begrenzt von den Gipfeln der Allgäuer Alpen, die noch im weißen Kleid auf den Sommer warten. Hier im Waltenhofener Ortsteil Leuten, inmitten dieser ergiebigen Natur südlich von Kempten befindet sich das Atelier von Lucia Hiemer. Die Allgäuerin ist freischaffende Holzbildhauerin.

Die Kunst

Aufgewachsen auf einem Bauernhof in Waltenhofen, war Lucia Hiemer schon immer von viel Natur umgeben. "Mein Papa war Schreiner, so bin ich schon früh mit Holz in Berührung gekommen", erzählt Hiemer. Da ihre kreative Seite auch schon immer stark ausgeprägt war, entschied sie sich mit 16 Jahren für eine Holzbildhauerlehre in Garmisch-Partenkirchen. "Ich habe früh gemerkt, dass das normale Arbeitsleben nichts für mich ist", erläutert die dreifache Mutter ihre Entscheidung und lacht.

Nach der Ausbildung zog sie wieder nach Waltenhofen zurück und arbeitet seitdem als freischaffende Künstlerin. "Ich habe gleich am Anfang einen großen Auftrag bekommen, das hat mir den Einstieg sehr erleichtert", sagt Hiemer. Seitdem hat sich die 46-Jährige als Künstlerin einen Namen gemacht und sich in der Region etabliert. 2016 gewann sie mit ihrem Werk "siebenkommadreimilliardenunddu" den Publikumspreis der Festwochen-Kunstausstellung. Hier hatten 1138 von insgesamt 4500 Ausstellungsbesuchern das Werk der Waltenhofenerin mit 181 Stimmen Vorsprung zum Sieger gekürt.

Der andere Blick

Erst vor kurzem stand das Werk zusammen mit anderen Stücken aus dem Atelier der Holzbildhauerin, in der Oberstdorfer Villa Jauss aus. "Der andere Blick" hieß die Ausstellung, auf der sogar kurzzeitig Besucher erlaubt waren. "In den drei Tagen, an denen die Ausstellung öffnen durfte, waren 100 Besucher dort", erzählt die Künstlerin. Danach wurde die Ausstellung geschlossen und wie so viele, coronabedingt ins Netz verlegt.

Ihren Lebensunterhalt verdient Hiemer allerdings nicht über Ausstellungen. Die Waltenhofenerin fertigt die meisten Arbeiten im Auftrag an. "Ich verstehe Kollegen, die da vollkommen frei sein wollen und nur aus sich selbst schöpfen", sagt sie, aber ihr machen Auftragsarbeiten Spaß. "Da kann ich auch kreativ sein, aber es ist halt in eine bestimmte Richtung gelenkt."

Viele Kunden kommen zu ihr und wollen ein Kunstwerk speziell für sich. Dabei schütten auch viele ihr Herz aus: "Ich schreibe dann oft seitenweise mit", beschreibt Hiemer ihre Rolle. Nach einem ersten Gespräch sammelt sie dann Ideen und beginnt zu modellieren. "Teilweise wache ich nachts um zwei Uhr auf und habe etwas im Kopf. Dann gehe ich direkt ins Atelier, hole den Ton aus der Kiste und versuche die Idee einzufangen." Für üblich folgt dann ein Gespräch mit dem Kunden über den Entwurf. "Viele lassen mir da aber auch kompletten Freiraum und wollen erst das fertige Kunstwerk sehen", sagt Hiemer.

Flussheilige mal anders

Jüngst gab die Waltenhofenerin eine größere Auftragsarbeit ab: Für die Ostallgäuer Gemeinde Gennachhausen entwarf sie eine Holzskulptur für eine neu gebaute Straßenbrücke. Anstatt der üblichen Brückenheiligen Johannes, Nepomuk oder Christopherus entschied sie sich für eine personifizierte "Gennach". Die Flusspatronin mit dem wallenden Haar soll Jugendlichkeit und Reinheit, aber auch die Verletzlichkeit der, an dieser Brücke noch jungen Gennach, symbolisieren. Den Grund nennt die Künstlerin gleich mit. "Das Wasser ist nicht mehr die Gefahr, sondern als natürliche Ressource eher in Gefahr."