Milch von Kühen mit Hörnern
Zwei Allgäuer Landwirte erklären, wofür Hornmilch steht und was sie so besonders macht
Nördlich von Kempten, im schönen Alpenvorland auf 860 Metern Höhe, liegt der Wannenhof der Familie Schneid. Vor mehr als 30 Jahren begann Inhaber Josef Schneid den Hof nach den Richtlinien des Demeter-Verbandes zu bewirtschaften. Sohn Andreas unterstützt ihn dabei. Den gemeinsamen Betrieb betrachten sie als einen lebendigen, ganzheitlichen Organismus, der seine ganz eigene Charakteristik besitzt. 35 hübsche, horntragende Braunviehkühe samt Nachzucht gehören mit auf den Hof. Horntragend deshalb, weil die Schneids die Natürlichkeit ihrer Tiere wahren möchten. Wir haben Vater und Sohn gefragt, warum sie sich für diesen Kurs entschieden haben und welchen Einfluss das Horn auf die Milchqualität hat.
Es heißt, naturbelassene Hornmilch sei „lebendiger“ als die Milch von enthornten Kühen. Was genau bedeutet das? Ist Hornmilch eventuell sogar gesünder?
(Andreas) Die Milchqualität wird von vielen Faktoren und ganz besonders von der Fütterung beeinflusst. Derzeit gibt es keinen wissenschaftlich anerkannten Beweis zum Einfluss der Hörner auf die Milchqualität. Dennoch berichten viele Menschen mit Milchunverträglichkeiten darüber, dass sie die Milch von behornten Kühen besser vertragen als die von Kühen ohne Hörner. Anhand von Kristallisationsbildern kann die Lebendigkeit von Hornmilch veranschaulicht werden. Die Bilder weisen fein durchgestaltete, gleichmäßig verzweigte Nadelzüge im Kristallbild auf. Das weist auf eine große Aktivität des Nervensinnesbereiches hin und dessen intensive Beziehung zum Stoffwechselsystem. Diese Bilder lassen auf hohe Lebens-und Heilkraftqualität schließen. Folglich lässt sich auch bildhaft darstellen, dass die Enthornung einen schwächenden Einfluss auf die Lebenskräfte in der Milch des Rindes hat. Deren Kristallisationsbilder sind eher unregelmäßig verfilzte Kristallnadelstrukturen und deuten auf Störungen in der Lebens- und Heilkraftqualität hin.
Warum sieht man dann so viele hörnerlose Kühe im Allgäu?
(Andreas) Die höhere Verletzungsgefahr wird meist als Grund für die Enthornung angegeben. Gerade in der ganzjährigen Laufstallhaltung kann der meist fehlende Platz eine Ursache für Verletzungen sein. Es sollte jedoch nicht der Weg sein, das Tier nach den baulichen Gegebenheiten des Stalles auszurichten. Vielmehr sollte der Stall den Bedürfnissen der Tiere angeglichen werden. Auch bei enthornten Tieren kommt es zu Stößen, allerdings sind diese nicht immer sichtbar, wie es die Stöße von horntragenden Tieren sind.
Man kann darüber lesen, dass das Horn einer Kuh ein Sinnesorgan ist, das die Tiere zur Kommunikation wie auch zur Pflege einsetzen. Was sagen Sie dazu und inwiefern können Sie bei Ihren Kühen beobachten, wie wichtig die Hörner sind?
(Andreas) Wenn man eine Herde behornter Kühe genau betrachtet, sieht man sofort, dass die Kühe ihre Hörner als Kommunikationsorgan verstehen. Man spürt, wie jede Kuh dank ihrer Hörner eine unsichtbare Aura um sich hat und damit Signale an ihre Artgenossen und an uns Menschen sendet. Sie kann mit ihren Hörnern sagen: „Du darfst mir nahekommen“ oder „Lass mich lieber in Ruhe“. Man kann beobachten, dass das Horn sehr breit gefächert eingesetzt wird. Es wird genutzt, um den Körper zu reinigen. Die Kuh kann sich damit den Rücken kratzen und man kann auch Kühe beobachten, die sich gegenseitig mit den Hörnern kratzen. Es gibt sogar Kühe, die am Horn ihrer Freundin ihr Auge putzen. Unvorstellbar, wie viel Vertrauen dazu gehört. Die Hörner sind also weniger Kampfinstrument wie meist angenommen, sondern Instrument zur Kommunikation, um Kampf zu vermeiden.
Leiden die Tiere beim Enthornen?
(Andreas) Hier müssen die Begrifflichkeiten genau unterschieden werden. Es besteht ein großer Unterschied zwischen Leiden und Schmerzen. Unumstritten ist, dass die Enthornung ein für die Tiere schmerzhafter Eingriff ist, denn im Gegensatz zum Nagel eines Menschen ist das Horn einer Kuh ein stark durchblutetes Organ.
Sie betreiben den Wannenhof als „biodynamische Landwirtschaft“ nach dem Kurs von Rudolf Steiner und sind Demeter-zertifiziert. Seit wann ist das so und wie kam es dazu?
(Josef) Als ich 1988 den elterlichen Hof übernahm, stand für mich fest, ihn biologisch zu bewirtschaften. Walter Heim, Demeter-Landwirt und ein Pionier der damaligen Zeit, war eine große Inspiration für mich. Er ist verantwortlich dafür, dass auch ich den Hof zertifizieren ließ und seit 1989 nach den Demeter-Richtlinien bewirtschafte. Da mein Vater auch zuvor schon immer allen Tieren ihre Hörner ließ, war die Umstellung gar nicht so schwierig. Der Demeter-Verband ist übrigens der einzige Anbauverband, der das Enthornen der Tiere verbietet. Auch die Zucht auf genetisch hornlose Tiere ist nicht erlaubt.
Mit wie vielen Tieren kann man einen Betrieb wie den Ihren sinnvoll führen?
(Josef) Die Größe oder Tierzahl eines Betriebes muss sich nicht unbedingt negativ auf die Haltungsbedingungen und das Tierwohl auswirken. Der Arbeitsaufwand muss gut zu bewerkstelligen sein, damit es Mensch und Tier gut geht. Das spielt im Kleinen wie auch im Großen eine zentrale Rolle. Für unseren Betrieb sind eher die kleineren Strukturen erstrebenswert. Wir haben uns das ganzheitliche Bewirtschaften des Hofes mit einem in sich geschlossenen Organismus zur Aufgabe gemacht.
Ihre Hornmilch ist gleichzeitig auch Heumilch. Heißt, ihre Tiere bekommen ausschließlich das Futter des eigenen Hofes – kein Kraftfutter, keine Silage. Den Sommer verbringen sie auf den heimischen Weiden, im Winter bekommen sie das schonend getrocknete Heu Ihrer Wiesen. Heumilch wird immer bekannter und ist auch entsprechend gekennzeichnet. Hornmilch dagegen nicht. Wo kann man Hornmilchprodukte bekommen und wie sind sie zu erkennen?
(Andreas) Im Moment schreibt einzig der Demeter-Verband das Halten von behornten Kühen vor. Beim Einkaufen kann man sich daher gut am Demeter-Zeichen orientieren. Oder einfach direkt beim Landwirt mit behornten Tieren aus der Nachbarschaft die Milch holen.
Wünschen Sie sich von der Politik und vom Verbraucher noch mehr Unterstützung?
(Andreas) Die Kombination aus Heumilch, Hornmilch und einer muttergebundenen Kälberaufzucht – bei der das Kalb bis zu vier Monate lang nicht von der Mutter getrennt wird und auch deren Milch trinken darf – ist in gewisser Weise ein Nischenprodukt. Durch Direktvermarktung haben wir uns in eine Position gebracht, die es uns erlaubt, frei und unabhängig am Markt agieren zu können. Dennoch sind auch wir auf die Menschen angewiesen, die unsere Erzeugnisse erwerben. Sich bewusst für unsere Lebensmittel zu entscheiden und letztlich auch den Preis dafür zu bezahlen, den wir brauchen, um diese Art der Landwirtschaft weiter betreiben zu können, ist da essenziell. Meiner Meinung nach wäre es für die Branche von großer Bedeutung, dass hochwertig erzeugte Lebensmittel zu einem angemessenen Preis verkauft werden können. Ein Preis, der es den Landwirten ermöglicht, frei und unabhängig von Subventionen arbeiten und leben zu können. Es wäre wünschenswert, dass Lebensmittel wieder den Stellenwert in unserem Leben bekommen, den sie verdient haben.
Hätten Sie gewusst, dass ...
... im Laufe des Lebens einer Kuh das Horn mitwächst, immer größer wird und so seine ganz individuelle Form erhält? Einzigartig, wie der Fingerabdruck eines Menschen. Man kann sogar die Anzahl geborener Kälber an den Hörnern einer Kuh ablesen. Das verraten die sogenannten Kälberringe. Bei jedem Kalb bildet sich ein neuer Hornring heraus.
Dank einer deutlich höheren Vital-Qualität sind Produkte aus Hornmilch die beste Grundlage für ausgezeichnete, natürliche Lebensmittel.
Weitere Infos: http://wannenhof-schneid.de