Karriere

„Wir sind Menschen, keine Maschinen“

Eine Gespräch mit drei Fachkräften aus der Altenpflege

Der Tag fühle sich für sie selbst und die Mitarbeiterinnen oft zu kurz an, sagt die 45-Jährige. „Du gehst nach Hause mit dem Gefühl, nicht alles geschafft zu haben.“ Und am nächsten Tag geht es so weiter, sagt Loch, die selbst auch examinierte Altenpflegerin ist. Einen Tarif für Pflegekräfte, der derzeit in der Diskussion ist, findet sie gut und richtig. Claudia Loch hat aber noch einen anderen Vorschlag: Steuererleichterungen. „Je länger man in der Pflege tätig ist, desto höher sollte der Steuervorteil sein, dann könnte man der Abwanderung aus dem Beruf entgegenwirken.“ Und auch junge Leute hätten einen Anreiz einzusteigen - und zu bleiben. Ihr Sohn habe auch einen Beruf im Gesundheitswesen gewählt. Claudia Loch findet das gut.

Der Tag der Pflege ist am 12. Mai. In manchen Häusern wird dann den Mitarbeiterinnen gedankt mit einem kleinen Präsent. Aber reicht das? Brauchen die in der Pflege Arbeitenden nicht viel mehr? Ein Mehr an Anerkennung, an Freizeit, an Gehalt, an Aufmerksamkeit? Seit Jahren wird darüber diskutiert, aber kaum etwas hat sich zum Besseren geändert. Und dennoch: die vier von uns Interviewten - alle in der Pflege aktiv - lieben ihre Tätigkeit.

Claudia Loch: Die Einrichtungsleiterin des Allgäustift- Seniorenzentrums in Waltenhofen weiß, dass viele Pflegerinnen ihre Arbeit niederlegen, weil es ihnen auf Dauer körperlich zu anstrengend ist. Und auch Einrichtungsleiterinnen würden händeringend gesucht. „Etliche steigen wieder aus, weil ihnen der psychische Druck zu groß wird.“ Von Entbürokratisierung in der Pflege werde seit vielen Jahren geredet, aber es passiere sehr wenig. „Meine Mitarbeiterinnen sagen mir immer wieder, sie haben den Beruf nicht gewählt, um über Akten zu brüten.“ Pflegekräfte wollten pflegerisch arbeiten. „Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Arbeit.“

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Raphael Lemke: Er arbeitet bei der Tagespflege in Rettenberg: „Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen in diesem Beruf. Man lernt auch viel von den älteren Menschen“, sagt der 43-Jährige und fügt an: „Klar ist das auch ein Beruf für Männer.“ Der gelernte Krankenpfleger hat aber auch eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Lieber arbeitet er aber in der Pflege, obwohl es nicht mehr so einfach sei wie zu der Zeit, als er ausgebildet wurde. „Da hatten wir fünf Vollzeitkräfte und zwei Pflegeschüler, das war eine tolle Sache.“ Es sei gut angeleitet worden. Diese Zeit sei heute oft nicht mehr vorhanden. Es müsse alles schnell gehen. Er hat das Gefühl: „Unser Beruf wird zu wenig wertgeschätzt.“

Insbesondere in den Altenheimen sei mehr Personal nötig und vor allem Zeit. Auch er selbst brauche mittags eine ordentliche Pause. „Ich kann mir doch nicht regelmäßig in 15 Minuten mein Essen reinschlingen.“ Und in der ambulanten Pflege, da geht es nach Minuten und mit der Stoppuhr zum Pflegebedürftigen. Für ihn ein Unding.

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Susanne Götze: Sie arbeitet als Betreuungsassistentin und findet es ebenfalls unsäglich, wenn man nach der Stoppuhr pflegen muss. So ist es im ambulanten Bereich. Jede Tätigkeit bekommt eine Zeitvorgabe und wird dementsprechend bezahlt. „Wir sind doch Menschen und keine Maschinen“, sagt die Mitarbeiterin der Caritas-Sozialstation. Die Arbeit mit pflegebedürftigen Senioren sei körperlich und auch psychisch sehr anstrengend. Es gebe dabei immer wieder Abschiede „von Leuten, die einem ans Herz gewachsen sind“. Es sei eine Tätigkeit, die man mit sich herumtrage. „Du gehst nicht nach Hause, machst die Türe zu und dann ist gut.“ Auch in den eigenen vier Wänden mache man sich Gedanken über die Bewohner. Und außerdem sei da die regelmäßige Arbeit an den Wochenenden und an Feiertagen. Und gerade da sei die Personaldecke sehr dünn. Silvia Reich-Recla