Leben

Gegen den Zahn der Zeit

Übungsleiter für Seniorensport Elmar Paul zeigt, wie man mit simplen Übungen unbeschwerter durch’s Alter kommt

Kräftig strahlen: Sport im Seniorenalter stärkt nicht nur den Körper, sondern setzt auch Glückshormone frei. Foto: Prostock-studio - stock.adobe.com

Kräftig strahlen: Sport im Seniorenalter stärkt nicht nur den Körper, sondern setzt auch Glückshormone frei. Foto: Prostock-studio - stock.adobe.com

Bereits ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Muskelmasse ab, Knochen werden instabiler und auch das Lungenvolumen und die Herzfrequenz sinken. Außerdem hat ab einem gewissen Alter jeder Mensch mit größeren und kleineren Beschwerden zu leben. Umso wichtiger ist es, den Körper beweglich zu halten und die Kraft zu bewahren. So geht der Alltag leichter von der Hand und man ist sicherer vor Stürzen und Verletzungen — dank mehr Muskelkraft, Balance und Beweglichkeit. Elmar Paul, der bis heute als Übungsleiter für Kraftsport und Gymnastik beim TV Memmingen tätig ist und als Cheftrainer zahlreiche Sportprogramme für den Senioren-Club-Deutschland mitgestaltet, lebt den Seniorensport. Der 85-jährige aus Ungerhausen bei Memmingen macht sogar deutlichen jüngeren etwas Gegen den Zahn der Zeit Übungsleiter für Seniorensport Elmar Paul zeigt, wie man mit simplen Übungen unbeschwerter durch’s Alter kommt vor, aber er meint, mit etwas Training könne jeder in kurzer Zeit fitter werden und Muskeln aufbauen – egal in welchem Alter. Sein Lebenslauf ist durchzogen von sportlicher Aktivität: Elmar Paul besuchte die Sportschule der Bundeswehr und holte als Gewichtheber viele nationale Titel. „Am besten ist es natürlich, ein Leben lang kontinuierlich aktiv zu bleiben. Aber man kann in jedem Alter und mit jedem Leistungsstand einsteigen. Man muss es nur vorsichtig angehen”, betont Elmar Paul. In seiner Seniorenfitnessgruppe beim TV Memmingen zählt er mit 85 zu den ältesten, die jüngste Teilnehmerin ist 68. Sie kommen alle zweimal wöchentlich zusammen, um zu trainieren. Mittlerweile seien es sogar mehr Frauen als Männer, verrät er. „Die sind einfach körperbewusster.“ Wichtig ist das Aufwärmen zu Beginn der Stunde und nach den Übungen das Dehnen der Muskeln. Anspannen und Entspannen ist das Credo des ehemaligen Leistungssportlers.    

Fünf Minuten Fitness

Man muss aber nicht zwingend einem Verein beitreten, um Kraft aufzubauen. Mit kleinen Übungen im Alltag klappt das ebenso gut. Elmar Paul ist selbst viel aktiv, ob beim Radfahren, Wandern oder den täglichen Gymnastikeinheiten zuhause mit seiner Frau Anita. Dadurch weiß er, was dem Körper guttut und was im Alter möglich ist. Und das gibt er auch den Teilnehmern seiner Kurse weiter. Die Übungen, sagt er lachend, seien bei Alt und Jung seit vielen hundert Jahren die selben. „Sie haben nur teilweise neumodische Namen bekommen.“ Ob Kniebeuge oder Squad – Die Muskeln mit dem eigenen Körpergewicht zu trainieren, ist effektiv und lässt sich leicht mit täglichen Routinen verbinden. Beim Zähneputzen in die Hocke gehen oder die Waden beim Schlange stehen im Supermarkt aktivieren. Neben Kraftübungen sollte man im Alter aber auch die Beweglichkeit, gerade der Füße, nicht außer Acht lassen. Man kann etwa einmal versuchen, einen Stift mit den Zehnen aufzuheben.

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Elmar Paul Foto: Jana Pfeiffer

Weniger ist am Anfang mehr

Wichtig ist es, klein und langsam anzufangen, um den untrainierten Körper mit den neuen Anstrengungen nicht zu überfordern. Dann gilt es aber die Intensität Schritt für Schritt zu steigern und die Übungen leicht zu variieren. So tritt kein Gewöhnungseffekt ein. „Deshalb hilft auch die tägliche Hausarbeit beim Muskelaufbau kaum, weil es keine Abwechslung gibt.” Selbst für das Training mit Gewichten zu trainieren, braucht man keine teuren Accessoires oder ein Abo im Fitnessstudio. „Man kann auch einfach zwei Wasserflaschen in die Hand nehmen oder Gläser mit Essiggurken“, empfiehlt Elmar Paul. Wer zudem gerne Laufen oder Walken geht, um die Ausdauer und damit das Herz und die Lunge zu stärken, sollte das Tempo so halten, dass man immer noch miteinander reden kann. So überanstrengt man sich nicht und genießt einen weiteren Vorteil: „Die soziale Komponente beim Sport ist genauso wichtig wie das Laufen an sich.” Ratschpausen sind also ausdrücklich erlaubt. Die Walking Stöcke dürfen aber gern auch öfter mal zuhause bleiben, denn: „Wer ohne Stöcke geht, schult den Gleichgewichtssinn. Das ist gerade für uns Ältere wichtig.“ Idealerweise sollte die Bewegung zur Gewohnheit werden, sodass man nach ein paar verdienten Tagen Pause merkt, dass der Sport einem fehlt. „Die Zeit macht den Körper kaputt”, sagt Elmar Paul. Aber man kann etwas dagegen tun und damit kleine Alltagsprobleme schnell lösen. Einem Bekannten, dem das Aufstehen morgens schwerfiel, empfahl Elmar Paul einfach Übungen im Bett. Und siehe da, nach ein paar Tagen, freute man sich über Fortschritte. So macht Sport noch glücklicher. Jana Pfeiffer

Einfache Alltags-Übungen für Kraft und Mobilität

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Schulterpresse mit Wasserflaschen

• Schulterbreiter Stand.
• Wasserflaschen als Gewicht in die Hände nehmen und die Arme nach außen drehen, die Unterarme bilden dabei mit den Oberarmen einen rechten Winkel.
• Gewichte nach oben drücken und wieder in die Ausgangsposition senken.
• Je nach Kraft entweder gleichzeitig oder abwechselnd.
• Zehn Durchgänge.
! Wer untrainiert ist, sollte diese Übung zunächst ohne Gewicht ausführen.

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Anregung des Kreislaufs im Bett vor dem Aufstehen

• Arme in Rückenlage seitlich ausstrecken, Beine im rechten Winkel aufstellen.
• Dann die Beine zur rechten Seite auf die Matratze klappen, gleichzeitig den Kopf zur linken Seite drehen und die linke Schulter aufs Bett drücken.
• Fünf Sekunden halten und auf der anderen Seite wiederholen.

• Beine in Rückenlage leicht anheben und mit den Händen die Kniekehlen umfassen.
• Abwechselnd die Fußspitzen nach oben und unten drücken.

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Rücken

• Auf einen Stuhl setzen.
• Den Oberkörper nach vorne und unten beugen, sodass die Brust die Knie berührt.
• Zehn Sekunden halten.
• Dann die Beine zur rechten Seite auf die Matratze klappen, gleichzeitig den Kopf zur linken Seite drehen und die linke Schulter aufs Bett drücken.
• Fünf Sekunden halten und auf der anderen Seite wiederholen.

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Dehnen vor dem Fernseher


Oberschenkelvorderseite
• Aus dem Stand mit der Hand den Fußrücken greifen. Bauchmuskeln anspannen.
• Fuß in Richtung Gesäß ziehen, das Knie zeigt nach unten.
• Zehn Sekunden halten.
• Bein wechseln.
   

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Wadenpumpe in der Supermarkt-Schlange


1. Zehen soweit es geht anheben, Arme sind hinter dem Körper.
2. Dann wechseln und die Fersen anheben, Arme sind vor dem Körper. Bewegungsablauf zehn Mal fließend wiederholen.

Bevor man mit dem Training beginnt oder wiedereinsteigt, sollte man sich – gerade im Alter – zuvor mit seinem Arzt besprechen. Er kann anhand der gesundheitlichen Vorgeschichte entscheiden, in welcher Intensität man persönlich am besten trainieren kann und welche Übungen oder Sportarten man besser meidet. Hilfreich ist ein Fitnessarmband, das Puls und Blutdruck misst. Gerade im Alter sollte man seine Werte im Blick haben und den Puls nicht über 110 treiben.