Prof. Dr. Burkhard Schauf ist Spezialist auf dem Gebiet der Geburtshilfe und Pränatalmedizin (vorgeburtliche Medizin). Er war zehn Jahre Chefarzt der Frauenklinik der Sozialstiftung in Bamberg und leitet jetzt die Geburtshilfliche Abteilung am Klinikum Memmingen.Aus welchem Grund haben Sie sich dafür entschieden, Ihre Chefarztstelle aufzugeben, um als Oberarzt nach Memmingen zu wechseln?Prof. Schauf: Der Hauptgrund: Ich wollte wieder mehr Patientennähe. Als Chefarzt hat man viele organisatorische Dinge zu regeln, sodass für die Medizin nicht mehr so viel Zeit bleibt. Außerdem kenne ich den Memminger Gynäkologie-Chefarzt Privatdozent Dr. Felix Flock von gemeinsam organisierten Kongressen her. Da haben wir gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen.Sie beide verbindet das Ziel, die Kaiserschnittrate in der Geburtshilfe niedrig zu halten?Prof. Schauf: Ja, genau! Allerdings möchte ich betonen, dass eine Senkung der Rate nie auf Kosten der Sicherheit von Mutter und Kind geschehen darf, sondern immer nur zu ihrem Nutzen! In Memmingen befinden wir uns auf einem niedrigen Niveau, nämlich bei einer Kaiserschnittrate von 25 Prozent – und das trotz einer hohen Rate an Mehrlingsschwangerschaften. Zum Vergleich: Die deutschlandweite Kaiserschnittrate liegt bei 33 Prozent.Warum ist eine niedrige Quote so erstrebenswert?Prof. Schauf: Weil eine Normalgeburt für Mutter und Kind das Beste ist. Eigentlich für die ganze Familie. Die Mütter erholen sich deutlich schneller und für die Kinder ist eine natürliche Geburt das Beste und Gesündeste, was man ihnen mit auf den Weg geben kann.Warum gibt es dann solch große Unterschiede bei der Kaiserschnittrate?Prof. Schauf: Man muss enorm viel wissen, um nichts zu tun. Das heißt: Man braucht viel Wissen und Erfahrung, um keinen unnötigen Kaiserschnitt zu machen. Auch Zwillingsgeburten oder eine Beckenendlage des Kindes sind nicht zwingend eine Indikation für einen Kaiserschnitt. In vielen Krankenhäusern läuft aber, böse gesagt, die Geburtshilfe so nebenher. Dann ist die Kaiserschnittrate meist relativ hoch.Sie arbeiten nicht nur im Klinikum, sondern auch im neu gegründeten Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) des Klinikums, wo Sie Risikoschwangere betreuen. Warum?Prof. Schauf: Weil eine Verzahnung von ambulantem und stationärem Bereich für manche Patienten ideal ist. Denn so können wir beispielsweise viele Risikoschwangere relativ lange ambulant betreuen und die Frauen müssen nicht schon viele Wochen vor der Geburt stationär im Krankenhaus liegen. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir dann schon alles bestmöglich vorbereiten können, wenn die Frauen zu uns zur Geburt kommen. Und auch die Patienten wissen, mit wem sie es zu tun haben. Das schafft Vertrauen.
2022-05-28